Nein, die persönlichen Erinnerungen eines Bläsers des Posaunenchores sind alles andere als Blech. Er spielt zwar ein Blechblasinstrument, aber seine Erinnerungen von der Nachkriegszeit bis heute sind erlebte Zeitgeschichte und spiegeln ein wenig von dem Wirken des CVJM in Langerfeld wieder.
– Erinnerungen von Peter Land –
1946 – 1947, die Nachwirkungen des Krieges sind überall zu sehen und wahrzunehmen, fahren 60 Jugendliche in ein Ferienlager nach Winterborn, das nächste Jahr nach Oberdieten im Bergischen Land. Die Freizeiten werden durchgeführt vom CVJM- Langerfeld.
Ein eigenes Vereinsheim ermöglicht die Zusammenkünfte der Jugendlichen. In der Freizeit werden wir morgens durch Trompetenstöße geweckt und zum gemeinsamen Tagesbeginn zusammengerufen. In mir, einem 9 – 10 jährigen erwächst der Wunsch, auch ein Blasinstrument zu erlernen, zu beherrschen und in einem Chor mitzuspielen. Nach der Freizeit beginnt das mühsame Notenlernen im Jugendchor, später unterrichtet mich ein Bläser des Hauptchores, der nur vier Häuser neben der Wohnung meiner Eltern lebt. Zuerst übe ich einmal pro Woche, später zweimal, oft zwei Stunden hintereinander. Mein Lehrer, Ernst Linder, hat großen Gefallen an meiner Spielfreude und probt mit mir die schwierigsten Stücke, auch solche, die der Hauptchor gerade übt. Ich aber bleibe im Jugendchor. Gemeinsames Üben – der Höhepunkt jeder Probe sind die Märsche “In die weite Welt” und “Beim Morgengrauen” – gemeinsame Ausflüge nach “Loher Nocken” oder zur “Bever-Talsperre” schmieden uns eng zusammen.
Besonders in Erinnerung geblieben ist mir das Spielen der Weihnachtslieder am Heiligen Abend. Schon am frühen Nachmittag ziehen wir zum Altenheim Hölkesöhde, von dort geht es weiter über den Ehrenberg zum Wulfeshohl. Hier werden wir am Heiligen Abend in der Wirtschaft Finkensieper verpflegt. Dann marschieren wir weiter, mit Verstärkung durch Mitglieder des Hauptchores, über die Pülsöhde, Beyeröhde, Alte Kirche zum Langerfelder Markt. Hier treffen sich weitere zwei Gruppen, Haupt- und Jugendchor, zum Weihnachtsblasen.
Beim 90-jährigen Bestehen des Posaunenchores (1952) darf der Jugendchor nach meinen Erinnerungen zum ersten Mal alleine auftreten. Um gut in Erscheinung zu treten, unterstützen uns einige Hauptchorbläser.
Weitere Höhepunkte im Chorleben sind die Ausflüge an den Rhein, ins Oberbergische, aber auch die Feiern in der Waldlust, im eigenen Vereinsheim oder im Zoo und in den Barmer Anlagen.
Erst recht spät wechsele ich in den Hauptchor. Viele meiner Mitstreiter spielen dort schon ein oder zwei Jahre, ehe ich den Mut aufbringe, im Hauptchor montags mitzuüben. Die zu spielenden Stücke erarbeite ich mit Herrn Linder, um im Chor nicht aufzufallen. Denn tückischerweise gibt es verschiedene Notierungen – eine in C (auch Choralschreibweise oder Klavierschreibweise genannt) und eine in B (Militärschreibweise genannt). Das Wechseln zwischen diesen Notierungen heißt Transponieren. Wer im Posaunenchor Langerfeld spielen will, muss beide Notierungen beherrschen, denn neben der Choralmusik wird in großem Umfang auch Klassische Konzert- und Unterhaltungsmusik gespielt. Nachdem ich aber die Ouvertüre zur Oper “La Traviata” per Hand in die mir geläufigere Notierung umgeschrieben habe, wird mir nach einigen Stunden Arbeit klar: Nie wieder. Seitdem ist das Transponieren für mich kein Problem mehr. Das handgeschriebene Exemplar gibt es übrigens heute noch. Als ein weiterer Höhepunkt erscheint mir das gemeinsame Konzert mit der “Engelsfamilie” aus Österreich. Während meiner gesamten Laufbahn im Chor habe ich den großen Saal des Vereinsheimes nicht voller gesehen. Wie ich später hörte, sollen über 1000 Personen im Saal gewesen sein (die zugelassene Personenzahl wird nicht verraten). Dann wird als weiterer Anreiz eine Tournee zum YMCA Ghana in Aussicht gestellt. Für uns Jüngere ist eine Reise nach Afrika der absolute Höhepunkt. Leider wird nichts daraus. Der Freude am Spielen hat das keinen Abbruch getan. Nach dem Wechsel des Dirigenten wird es im Chor etwas ruhiger. Aus beruflichen Gründen kann ich einige Zeit nicht weiter mitspielen. Der Kontakt zum Chor bleibt aber zu jeder Zeit erhalten. Als ich wieder regelmäßig mitspielen kann, fällt mir auf: Der Chor tritt immer spärlicher öffentlich auf. Zu Ständchen werden wir seltener eingeladen. Konzerte oder Konzertbeteiligungen sind nicht in Sicht. Wir selbst planen aber auch keine eigenen Konzerte.
Hat uns der Mut verlassen, sind wir zu verzagt, sollen wir in der Erstarrung verharren? Ein weiterer Wechsel deutet sich an, als der Chorleiter berufsbedingt verzieht. Ein neuer Dirigent übernimmt das Ruder und mit ihm kommen neue Ideen.
Das Neujahrskonzert ist geboren. Am Anfang wird experimentiert, doch langsam kristallisiert sich der spätere Aufführungsstil heraus. Gekonnte, launige Texte begleiten das Spielen. Immer neue Gruppen der weiteren und nahen Umgebung werden in die Konzerte eingebaut. Einmal die Langerfelder Bleicher, dann das Jagdhorncorps der Jäger, ein Kleinchor marschiert in den Saal ein, um den zweiten Teil des Konzertes einzuleiten. Schließlich besinnt sich der Chor, eine eigene Formation zu schaffen, die das Konzert auflockert. Das Weihnachtsblasen am Langerfelder Markt wird – immer beliebter. Manchmal sind mehr Zuhörer am Markt als zu jeder anderen Zeit – selbst bei Schnee und Eis. Hinzu kommt die Weihnachtsallee. Zuerst an der Kreuzkirche, dann am Gemeindehaus Inselstraße. Langerfelder Vereine feiern ihr Weihnachten am Gemeindehaus und mitten darunter der Posaunenchor. Auch das alljährliche Spielen am Ehrenmal zum Volkstrauertag lebt durch die Initiative des Langerfelder Bürgervereins wieder auf. Aber auch die musikalische Umrahmung der verschiedensten Veranstaltungen Langerfelder Vereine rückt den Posaunenchor wieder ins Rampenlicht.
Ein weiterer Höhepunkt darf nicht unerwähnt bleiben. Eine Reise nach Crock. Zwei Chormitglieder stammen aus Crock in Thüringen. Noch zu DDR-Zeiten werden Fäden zur alten Heimat geknüpft und der Chor wird zur 500 Jahrfeier der Gemeinde eingeladen. Die Mitwirkung, zusammen mit dem dortigen Blasorchester ist Legende. Die liebevolle Aufnahme durch die Gemeinde- mitglieder trägt Früchte und fuhrt zu festen Freundschaften, über die Wende hinaus bis heute.
In der Zwischenzeit wird der Chor älter, 150 Jahre im nächsten Jahr. Wieder zeigen sich dunkle Wolken am Himmel. Es schleicht sich musikalische Routine ein, neue Ziele werden nicht gefasst, die Überalterung der Spieler schreitet fort. Die Mitgliederzahlen des Vereins und des Chores schrumpfen. Der Elan der Älteren nimmt ab. Das mühevolle Üben wird für einige zur Qual.
Will der Chor überleben, muss er sich selbst neue Ziele setzen. Die Gemeinschaft muss sich enger zusammenschließen. Neue musikalische Herausforderungen müssen gewagt werde. Alle Spieler müssen sich frei und bewusst für den Chor entscheiden. Nur wenn der Chor in der Langerfelder Gesellschaft ein eigenes Profil behält, kann er sich fortentwickeln. Dabei spielt die Größe des Chores oder die Anzahl der Mitspieler überhaupt keine Rolle. Nur freudiges, gemeinschaftliches und musikalisch straffes Üben führt zum Erfolg.
Soweit die Erinnerungen von Peter Land.
Der Posaunenchor und seine Ableger COMBO und FLÖTENENSEMBLE sind offen für alle Musikinteressierten, Anfänger und gestandene Musiker. Wer bei uns in freundschaftlicher Atmosphäre musizieren möchte, sollte einfach Kontakt zu uns aufnehmen. Wir suchen ständig nette Typen, egal ob jung, mittelalt oder alt, die beriet sind uns mit Trompete, Posaune, Horn, Klarinette, Saxofon, Flöte, Drums, Percussion, Piano, Keyboard, Gitarre, Banjo, Bass oder Gesang zu unterstützen.
Erreichbar sind wir immer montags ab 18.00 Uhr im Vereinshaus Am Hedtberg 12, Telefon 0202 – 604232, oder über die Mailadresse “hauseltern ät cvjm-langerfeld Punkt com” bzw. direkt an “ir Punkt joergens ät t-online Punkt de”.